enercity heizt die HafenCity Ost mit Industriewärme von Aurubis

Saubere Wärme aus der Leitung

Fernwärme bietet höchste Versorgungssicherheit. Mit ihr werden Gebäude sauber, sicher und zuverlässig rund um die Uhr mit Wärme versorgt.

Der Energiedienstleister enercity Contracting Nord GmbH (eCG Nord GmbH) und das Multi-Metallunternehmen Aurubis haben eines der größten Projekte in Deutschland zur Nutzung von Industriewärme initiiert. Seit Ende Oktober 2018 versorgt enercity den östlichen Teil der Hamburger HafenCity unter Einsatz von annähernd CO2-freier Abwärme, die bei der Kupferproduktion auf dem Aurubis- Werksgelände entsteht. Bei den Kundinnen und Kunden kommt das sehr gut an.

Die Kupferhütte Aurubis produziert auf der Peute, einem Industriegebiet in Hamburg, umweltbewusst Kupfer. Bei der Rauchgasreinigung am Ende des Produktionsprozesses entsteht Abwärme, die bisher mit Elbwasser gekühlt und ungenutzt abgeführt wurde. Dass die Wärme aber sinnvoll genutzt werden kann, beweisen Aurubis und enercity seit Oktober 2018. Mithilfe neuer Materialien kann die Abgasreinigung auf höherem Temperaturniveau erfolgen. Dadurch kann Heizwasser mit 90 Grad bereitgestellt und für die Wärmeversorgung eingesetzt werden.

Die Idee, industrielle Abwärme zu nutzen, ist bei enercity und Aurubis vor einigen Jahren entstanden. Mit der bereits vorhandenen Wärmesenke in der östlichen HafenCity und neuen technologischen Entwicklungen konnte der Plan 2018 in die Praxis umgesetzt werden. Schon im Jahr 2009 hat sich die eCG Nord in einer europaweiten Ausschreibung mit einem innovativen Gesamtkonzept für die Wärmeversorgung des östlichen Teils der Hamburger HafenCity durchgesetzt und das ab 2010 wachsende Wärmenetz zuletzt mit einem Biomethan-Blockheizkraftwerk versorgt.

Im Jahr 2014 nahm das Team der eCG Nord, zu dem auch Jan Beermann (38) gehörte, die Gespräche mit Aurubis auf, um eine Lösung zu entwickeln, das 74 Hektar große Gebiet mit industrieller Abwärme von Aurubis zu versorgen.

Karsten Sanders (53), Anlagenmanager bei der enercity Contracting Nord GmbH, ist im Projekt Wärmeversorgung östliche HafenCity verantwortlich für den Betrieb der Hausanschlüsse, des Wärmenetzes und der Energiezentralen.

„Unsere Kunden bekommen bei uns alles aus einer Hand. Und wenn es mal Probleme gibt, sind wir mit unseren Kollegen schnell vor Ort.“

Karsten Sanders (53), Anlagenmanager bei der enercity Contracting Nord GmbH

Unter den Straßen und Kanälen Hamburgs

Abwärmenutzung setzt Nähe voraus. Aber wie die Wärme von Aurubis zu den Kundinnen und Kunden von enercity kommt, hat es in sich. Das erhitzte Wasser wird bei Aurubis über eine Strecke von einem Kilometer von der Kupferhü!e bis zur Aurubis-Werksgrenze auf der Elbinsel Peute transportiert. Dort schließen die enercity-Wärmetransportleitungen mit einer Länge von 2,7 Kilometer an, welche die Peute mit der östlichen HafenCity verbindet. Besonders herausfordernd waren dabei die Querung des Peutekanals und des Marktkanals im Hamburger Hafen und der Verlauf der Rohre direkt unter der Norderelbbrücke.

Für die Aufbereitung und den Transport der Abwärme zum Wärmeversorgungsnetz des neuen Stadtteils HafenCity-Ost errichtet enercity bis 2020 eine neue Energiezentrale am Standort Georgswerder Damm. Mithilfe von Pufferspeichern und Heizkesseln werden dort die produktionsbedingt starken Schwankungen der Aurubis- Abwärme ausgeglichen, und bei deren Ausfall wird die Wärmeversorgung sichergestellt. Aktuell erfolgt der Transport der Abwärme noch über ein Provisorium. Über die Energiezentrale wird die Wärme aber nicht nur verteilt. Hier kommt auch das abgekühlte, nur noch 50 bis 60 Grad Celsius warme Rücklaufwasser der Kunden wieder an und wird in einem Kreislauf zurück an Aurubis geschickt – dort wird es dann bei der Entschwefelung erneut erhitzt, und der Kreis schließt sich.

Wärme von enercity: Grüner, als die Stadt verlangt

Mit der Inbetriebnahme der Wärmeleitung von der Peute zur östlichen HafenCity am 29. Oktober 2018 durch Hamburgs Ersten Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher, die enercity- Vorstandsvorsitzende Dr. Susanna Zapreva und Jürgen Schachler, den Vorstandsvorsitzenden der Aurubis AG, konnte die in Sachen CO2-Emissionen ohnehin schon vorbildliche Wärmeversorgung der östlichen HafenCity noch weiter verbessert werden. Allein in der östlichen HafenCity werden im Endausbau durch den Einsatz der Abwärme jährlich etwa 4.500 Tonnen CO2 zusätzlich eingespart.

Grüner, als die Stadt verlangt: Allein in der östlichen HafenCity werden im Endausbau durch den Einsatz der Aurubis-Abwärme jährlich etwa 4.500 Tonnen CO2 zusätzlich eingespart.

Das modulare Wärmekonzept der eCG Nord setzt konsequent auf erneuerbare Energien sowie lokale Ressourcen wie Biomethan und die 2018 erschlossene industrielle Abwärme. So ist es möglich, eine für den Endausbau geplante CO2-Emissionskennzahl von rund 35 Gramm pro Kilowattstunde für die an die Kundinnen und Kunden gelieferte Wärme im Gebäude zu erreichen. Damit unterbietet enercity Hamburgs Anforderungen bei der EU-weiten Ausschreibung des Wärmeversorgungsgebiets deutlich.

Für Jan Beermann ist klar, warum das so ist: „Bei verdichteten Gebieten wie der HafenCity kann eine leitungsgebundene Wärmeversorgung ihre Vorteile voll ausspielen. Dies zeigt sich in der östlichen HafenCity zum Beispiel am Primärenergiefaktor (PEF) unserer Wärme, der mit 0,17 deutlich unter dem Wert von 1,1 liegt, der für Heizöl und Erdgas gilt.“ Dieses gute Ergebnis für die HafenCity-Ost gelang der enercity Contracting Nord GmbH durch ein von Beginn an ökologisch ambitioniertes und gleichzeitig flexibles Wärmeversorgungskonzept für den neuen Stadtteil, das die intelligente Nutzung der vorhandenen Abwärme möglich gemacht hat.

Mittlerweile kommen bereits 29 Kunden – von städtischen und privaten Kunden über Baugemeinschaften bis hin zu Baugenossenschaften – in den Genuss der umweltfreundlichen Industriewärme aus der Leitung.

Professorin Irene Peters und Professor Ingo Weidlich (HCU) führen auch Forschungsprojekte und Lehrveranstaltungen zu Infrastruktursystemen mit Fokus auf Wärme durch.

„Der Kunde muss sich nur noch um die Verteilung der Wärme im Gebäude kümmern. Statt aus eigenen Erzeugungsanlagen kommt die Wärme aus einer kompakten Übergabestation von enercity", erklärt Jan Beermann.

Die HafenCity Universität Hamburg, einer der ersten Kunden

Einer dieser Kunden ist die HafenCity Universität (HCU). Stellvertretend für die gesamte Universität freut sich Professorin Irene Peters (56) vom Fachbereich „Infrastrukturplanung und Stadttechnik“ nicht nur über die saubere Wärmeversorgung, sondern lobt diese auch: „Für die HCU ist es ein Plus, sich in der Nachbarschaft solch innovativer Unternehmen wie enercity zu befinden. Für die Studierenden ist es einfach Gold wert, wenn sie sehen können, wie sich in einem so komplexen Gebiet wie Hamburg in Form eines Pionierprojekts solche Mengen an industrieller Abwärme ins Netz integrieren lassen.“ Professor Ingo Weidlich (44) vom Fachbereich „Technisches Infrastrukturmanagement“ pflichtet seiner Kollegin bei: „Die Nähe der eCG Nord zur HafenCity Universität bietet die große Chance, zukünftig die Lehre zu technischen und energiewirtschaftlichen Themen durch externe Fachvorträge mit der Praxis stärker zu verknüpfen.“

„Wir sehen großes Potenzial, um neue Gebiete zu erschließen“, sagt Sören Rasch (28), Projektmanager Anlagenplanung bei der enercity Contracting Nord GmbH.

Das enorme CO2-Einsparpotenzial ist noch nicht ausgeschöpft

Von den insgesamt 60 Megawatt an CO2-freier Industriewärme, die Aurubis maximal auskoppeln könnte, hat sich die enercity Contracting Nord GmbH bislang 18 Megawatt gesichert. Genug, um das 74 Hektar große Areal der östlichen HafenCity mit bis zu 4.000 Wohneinheiten und über 24.000 Arbeitsplätzen (Entwicklungszeitraum: bis 2030) komplett zu versorgen – und auch darüber hinaus. Bis zu 20.000 Tonnen CO2 jährlich können mit den 18 Megawatt des gemeinsamen Industriewärmeprojekts von enercity und Aurubis eingespart werden. Die Einsparungen sollen in der HafenCity, bei weiteren potenziellen Abnehmern und auch auf dem Gelände von Aurubis erfolgen. Dies entspricht in etwa den Emissionen von 10.000 Mittelklasse-Pkw, die im Jahr 12.000 Kilometer fahren. Geht es nach Jürgen Schachler, dem Vorstandsvorsitzenden der Aurubis AG, so ist die im Oktober 2018 erfolgte Inbetriebnahme erst der Anfang: „Wir wären in der Lage, die dreifache Menge auszukoppeln.“

Der Bau weiterer Leitungsabschnitte ist in Planung

Da die Fernwärmeleitung von Anfang an so dimensioniert wurde, dass perspektivisch weitere Kunden in Hamburg mit CO2-armer Wärme beliefert werden können, steht dem Bau neuer Leitungsabschnitte nichts im Wege. Auf einem Baustellenbesuch mit Sören Rasch (28), Projektmanager bei enercity Contracting, zeigt sich, dass enercity bereits jetzt neue Projekte in Angriff nimmt. Dafür sollen von einem Abzweig der Hauptleitung, die von Aurubis in die HafenCity führt, künftig weitere Gebiete erschlossen und mit sauberer Wärme versorgt werden.

Das Projekt ist in der Fachwelt bereits auf großes Interesse gestoßen. So wurde es beispielsweise als Leuchtturm für energieeffiziente Abwärmenutzung von der Deutschen Energie-Agentur (dena) ausgewählt. Ende September 2018 zeichnete das Cluster Erneuerbare Energien Hamburg das Projekt zudem mit dem „German Renewables Award“ aus.

Credits: Achim Multhaupt (4), Getty Images, Masterfile