
Wie funktionieren Wasserkraftwerke?
Der Mensch nutzt die Kraft des Wassers bereits seit mehr als 5000 Jahren. Erst, um mit dem Wasserdruck eines Flusses Mühlsteine anzutreiben, und später, um mit Erfindungen wie der archimedischen Schraube, mit deren Hilfe sich Wasser auf ein höheres Niveau transportieren lässt, Felder besser bewässern zu können. Heute wird die Wasserkraft vornehmlich zur Energieerzeugung genutzt – und deckt laut dem Global Electricity Review 2024 etwa 14 Prozent des weltweiten Strombedarfs, was 4210 Terawattstunden (TWh) entspricht.
Wie wird aus Wasserkraft Strom?
Die Funktion eines Wasserkraftwerks ist leicht erklärt: Sogenannte fluidmechanische Energie, also die Energie des fließenden Wassers, treibt in Wasserkraftanlagen Turbinen an. Dadurch entsteht Rotationsenergie. Diese Rotationsenergie ist es, aus der Generatoren schließlich elektrischen Strom gewinnen.
Sie möchten mehr zum Thema Stromgewinnung aus Wasserkraft erfahren? Im Artikel „Wasserkraft: So wird aus Wasser Strom“ finden Sie ausführlichere Informationen.
Wasserkraft: Stromerzeugung mit hohem Wirkungsgrad
Wie bei jeder Form der Stromerzeugung lässt sich die vorhandene Energie nicht vollständig in Strom transformieren. Verluste, etwa durch Turbulenzen oder Reibung, entweichen bei einem Wasserkraftwerk meist in Form von Wärme oder Schall. Und dennoch: Die Funktionsweise eines Wasserkraftwerks ist sehr effizient. Der Wirkungsgrad von Wasserkraftanlagen liegt bei bis zu 85 Prozent und damit deutlich höher als der anderer Kraftwerkstypen. Zum Vergleich: Der Wirkungsgrad von Windenergieanlagen erreicht dem Bundesverband Windenergie (BEW) zufolge gut 50 Prozent, Kraftwerke auf fossiler Basis kommen laut Umweltbundesamt im Schnitt nur auf einen Wirkungsgrad von 45 Prozent.
Wie viele Wasserkraftwerke gibt es in Deutschland?
Laut Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) gibt es in Deutschland rund 7300 Wasserkraftanlagen, die zusammen über eine installierte Leistung von etwa 5600 Megawatt (MW) verfügen. Bei 6900 dieser Anlagen handelt es sich um sogenannte Kleinwasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung von unter einem Megawatt. Es sind somit die restlichen 400 Wasserkraftwerke, die das Gros der hierzulande genutzten Wasserkraft erzeugen.
Insgesamt erzeugen Wasserkraftwerke laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hierzulande jährlich etwa 20 Terawattstunden Strom, was ungefähr 3,5 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs entspricht. Im einigen Bundesländern, vor allem in Baden-Württemberg und Bayern, haben Wasserkraftwerke aber einen deutlich höheren Anteil am regionalen Strommix als im gesamtdeutschen Durchschnitt. In Baden-Württemberg sind es acht Prozent, in Bayern bis zu 16 Prozent.
Welche unterschiedlichen Arten von Wasserkraftwerken gibt es?
Wegen ihrer unterschiedlichen Betriebsweisen unterscheidet man bei Wasserkraftwerken zwischen Laufwasserkraftwerken und Speicherwasserkraftwerken. Während Laufwasserkraftwerke meist an fließenden Gewässern wie Flüssen oder Kanälen zu finden sind, werden Speicherwasserkraftwerke beispielsweise an Stauseen oder an Talsperren eingesetzt. Außerdem gibt es Ausleitungskraftwerke und Kavernenkraftwerke.
In anderen Ländern der Welt kommen zudem Gezeiten- und Wellenkraftwerke sowie Meeresströmungskraftwerke zum Einsatz. Wie diese Kraftwerke funktionieren und welchen Anteil die Wasserkraft an der globalen Energieerzeugung hat, lesen Sie in unserem Artikel „Strom aus dem Meer: Gezeiten- und Wellenkraftwerke“.
Wie funktioniert ein Laufwasserkraftwerk?
Laufwasserkraftwerke nutzen die natürliche Strömung eines Flusses, um einen Widerstand in Bewegung zu bringen. Früher wurden durch die Wasserkraft Mühlenräder angetrieben, heute sind es Turbinen. Ein Generator transformiert dabei die Energie der Drehbewegung zu Elektrizität.
Wie viel Strom durch ein Laufwasserkraftwerk gewonnen werden kann, hängt unter anderem mit der Wassermasse des Flusses, aber auch mit der Fallhöhe des Wassers zusammen. Um diese zu steigern, wird ein Fluss in der Regel mithilfe einer Wehranlage angestaut. Flusswasser trifft auf das Wehr und spült mit Druck durch offene Schächte, wo es schließlich Turbinen antreibt.
Der Höhenunterschied zwischen zwei Seiten einer Wehranlage wirkt sich direkt auf den Wirkungsgrad des Wasserkraftwerks aus. Es gilt die Faustregel: Je größer der Unterschied, desto höher ist der Wirkungsgrad.
Zum Schutz der Umwelt werden Laufwasserkraftwerke heutzutage häufig mit Fischtreppen ausgestattet, sodass sie die Tiere auf ihren Wegen flussaufwärts oder -abwärts nicht behindern.

Auch enercity produziert mit zwei Laufwasserkraftwerken an Leine und Ihme mitten in Hannover klimaneutralen Strom. Im Artikel „Nachhaltiger Strom aus Leine und Ihme “ erfahren Sie mehr dazu.
Wie funktioniert ein Ausleitungskraftwerk?
Um eine spezielle Art von Laufwasserkraftwerken handelt es sich bei Ausleitungskraftwerken. Sie liegen nicht direkt am Hauptstrom eines Flusses. Stattdessen wird das Wasser über einen separaten Kanal oder Stollen zu seinen Turbinen geleitet. Ein Teil des Flusswassers wird also über eine gewisse Strecke zum Kraftwerk „ausgeleitet“, bevor es nach der Energiegewinnung wieder in den Fluss zurückgeführt wird.
Wie funktioniert ein Speicherwasserkraftwerk?
Eine Staumauer oder ein Staudamm hilft, das Wasser eines Flusses oder Kanals in großen Mengen zu sammeln. Oft reichen die Wassermengen eines einzigen Flusses nicht aus, um einen Stausee vollständig zu fluten. Dann werden Stollen errichtet, um zusätzliches Wasser von Flüssen in der Umgebung in das Sammelbecken zu leiten.
Wird Elektrizität benötigt, öffnen sich die Schleusen des Stausees, und das Wasser wird durch Rohrleitungen oder Stollen aus dem Staubecken in das Maschinenhaus geleitet. Weil das Maschinenhaus erheblich tiefer liegt als die Oberfläche des angestauten Sees, beträgt der Wasserdruck bis zu 200 bar, wenn er auf die Turbine trifft. Genau wie bei einem Laufwasserkraftwerk treibt diese einen Generator an. Der erzeugte Strom wird ins Netz eingespeist.
Die Reise des Wassers geht danach oft noch weiter: Dann wird es hinter dem Maschinenhaus erneut gesammelt, im sogenannten Unterbecken. Unterbecken sind meistens kleinere Stauseen, die mithilfe eigener Speicherwasserkraftwerke weiteren Strom aus Wasserkraft erzeugen.

Pumpspeicherkraftwerk: Eine besondere Form des Speicherwasserkraftwerks
Anders als übliche Speicherwasserkraftwerke benötigt ein Pumpspeicherkraftwerk keinen natürlichen Zulauf wie einen Fluss. Der zugrunde liegende Aufbau ist jedoch vergleichbar: Jedes Pumpspeicherkraftwerk besitzt ein Ober- und ein Unterbecken, beide sind durch Druckrohre miteinander verbunden. Wird Strom benötigt, leitet das Druckrohrsystem Wasser aus dem Oberbecken ins Maschinenhaus.
Vom Unterbecken aus wird das Wasser zurück ins Oberbecken gepumpt. Dieser Vorgang verbraucht allerdings zusätzlichen Strom. Daher sind Pumpspeicherkraftwerke zumeist an Kraftwerke wie Solar- oder Windkraftanlagen gekoppelt: Deren Stromertrag ist oftmals nicht planbar, muss aber nach der Erzeugung direkt verbraucht werden. Steht also gerade überschüssiger Strom aus Sonnen- oder Windenergie zur Verfügung, können Pumpspeicherkraftwerke diesen nutzen, um Wasser zurück ins Oberbecken zu pumpen. Das Wasser im Oberbecken wird so erneut zur Stromreserve.
Im Wasserkraft-Vorzeigeland Norwegen werden zahlreiche Pumpspeicherkraftwerke betrieben, einige davon seit Neuestem sogar mit Strom aus deutschen Windkraftanlagen. Möglich macht dies das Nordseekabel NordLink, das seit April 2021 das deutsche mit dem norwegischen Stromnetz verbindet. Je nach Wetterlage wird auf diesem Wege überschüssiger grüner Strom aus deutschen Windenergieanlagen nach Norwegen oder überschüssiger Strom aus Wasserkraft aus dem skandinavischen Land ins deutsche Netz transportiert. Weitere Infos dazu finden Sie in unserem Artikel „NordLink: Direkter Draht zu gigantischem Ökostrom-Akku“.
Pumpspeicherkraftwerke sind Top-Energiespeicher
Der Wirkungsgrad eines Pumpspeicherkraftwerks liegt zwischen 75 und 85 Prozent. Das heißt: Von der ursprünglichen Energie der für seine Betreibung notwendigen Sonnen- oder Windkraft macht ein Pumpspeicherkraftwerk 75 bis 85 Prozent wieder als elektrische Energie nutzbar. Damit sind sie das derzeit effizienteste Mittel, um elektrische Energie in großem Umfang für die spätere Nutzung zu speichern.
Was ist ein Kavernenkraftwerk, und wie funktioniert es?
Ein Kavernenkraftwerk ist ein Wasserkraftwerk, das unterirdisch in einer künstlich angelegten Felskammer (Kaverne) untergebracht ist. Kavernenkraftwerke werden oft in Gebirgsregionen genutzt, insbesondere als Pumpspeicherkraftwerke. Das sie speisende Wasser kommt meist aus einem hoch gelegenen Stausee oder Fluss und wird über Druckstollen zur im Inneren der Kaverne befindlichen Turbine geleitet. Nach der Energiegewinnung fließt das Wasser entweder durch einen Stollen in ein tiefer gelegenes Gewässer oder – falls es sich um Pumpspeicherung handelt – wird mithilfe von Pumpen zurück in den oberen Speichersee befördert.
Was sind die Vor- und Nachteile von Wasserkraftwerken?
Wasserkraftwerke bieten eine der zuverlässigsten Methoden zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen. Doch wie bei jeder Technologie sind auch mit der Nutzung von Wasserkraft sowohl positive Aspekte als auch einige Herausforderungen verbunden. Das folgende Listicle bietet einen Überblick über die Vor- und Nachteile der Stromgewinnung aus Wasserkraft.
Die Vorteile von Wasserkraftwerken
- Erneuerbare Energiequelle: Wasserkraft nutzt die natürliche Bewegung von Wasser, um Strom zu erzeugen, und ist damit eine nachhaltige und erneuerbare Energiequelle.
- Geringe CO2-Emissionen: Im Vergleich zu fossilen Brennstoffen verursacht die Stromerzeugung aus Wasserkraft nur minimale CO2-Emissionen, was zur Reduzierung des Treibhauseffekts beiträgt.
- Hohe Zuverlässigkeit: Wasserkraftwerke bieten eine stabile und zuverlässige Energiequelle, da sie in der Regel unabhängig von Wetterbedingungen kontinuierlich Strom produzieren können.
- Flexible Nutzung: Viele Wasserkraftwerke können Wasser speichern und bei Bedarf freigeben, was eine flexible Anpassung an die Stromnachfrage ermöglicht.
- Lange Lebensdauer: Wasserkraftwerke haben eine lange Lebensdauer und können über Jahrzehnte hinweg Strom erzeugen, was sie zu einer kosteneffizienten Investition macht.
Die Nachteile von Wasserkraftwerken
- Abhängigkeit von Wasserverfügbarkeit: Wasserkraftwerke sind auf eine ausreichende Wasserverfügbarkeit angewiesen, die durch Dürreperioden oder saisonale Schwankungen beeinträchtigt werden kann.
- Begrenzte Standorte: Nicht alle geografischen Regionen sind für den Bau von Wasserkraftwerken geeignet, was ihre Verbreitung einschränkt.
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