Grüner Wasserstoff in der Nahaufnahme
CO2-freie Energie

Grüner Wasserstoff: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft – vorausgesetzt, er ist grün. Hier lesen Sie, wie grüner Wasserstoff produziert wird, wie viel wir künftig davon brauchen werden und wie er transportiert und gespeichert werden soll.

Wie wird grüner Wasserstoff hergestellt?

Wasserstoff kommt in verschiedenen organischen Verbindungen vor, vor allem in Wasser. Anders als beispielsweise Erdgas oder Solarkraft ist Wasserstoff keine Energiequelle, sondern ein Energieträger. Das bedeutet: Wird Wasserstoff durch Einsatz von Energie aus einer organischen Verbindung herausgelöst, nimmt er einen Teil der Energie auf. Das gängigste dieser Verfahren ist die Wasserelektrolyse, bei der Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wird (siehe Grafik). Dabei werden rund 70 Prozent der eingesetzten elektrischen Energie im Wasserstoff gespeichert. Stammt der eingesetzte Strom aus erneuerbaren Energien, etwa aus Wind- oder aus Sonnenenergie, wird der Wasserstoff als „grüner Wasserstoff“ bezeichnet. Sinnvoll nutzen lässt der grüne Wasserstoff sich vor allem, um erneuerbar erzeugte Energie zu speichern, die kurzfristig nicht verbraucht werden kann – zum Beispiel an sehr sonnigen oder windigen Tagen, an denen Solar- oder Windenergie im Überschuss produziert werden.

 

Welche weiteren Wasserstoffarten es gibt und wie diese sich unterscheiden, erfahren Sie im Artikel „Wie funktioniert die Erzeugung von Wasserstoff?“.

 

 

Die Grafik zeigt wie Wasserstoff per Elektrolyse erzeugt wird
Bei der Elektrolyse wird über Elektroden Gleichstrom ins Wasser (H2O) geleitet, um dieses in seine zwei Bestandteile Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) zu zerlegen. Sauerstoff wandert zur positiv geladenen Elektrode (Anode), Wasserstoff zur negativ geladenen Elektrode (Kathode).

Kann grüner Wasserstoff nur mit Sonne und Wind erzeugt werden?

Auch Wasserstoff aus Biomasse gilt als grün. Dabei wird der Wasserstoff durch Vergären, Vergasen oder die Zugabe von Dampf aus organischen Abfällen herausgelöst. Ende 2022 gelang es zudem Wissenschaftlern der University of Melbourne, Wasserstoff aus der Luft zu gewinnen. Dafür nutzten sie einen Block aus Glaswolle, der mit einem wasseranziehenden Elektrolyt getränkt war, welcher den Wasserdampf aus der Luft absorbierte. Die Luftfeuchtigkeit betrug während des Versuchs 20 bis 40 Prozent. Die Forscher sagen, ihre Methode sei aber sogar bei einer Luftfeuchtigkeit von vier Prozent einsetzbar, also auch in extrem trockenen Regionen.

Kann grüner Wasserstoff Erdgas einfach ersetzen?

Der Einsatz von Wasserstoff ist vor allem in Bereichen sinnvoll, in denen sehr viel Energie verbraucht wird und diese nicht elektrisch ersetzt werden kann. Im Fokus stehen darum derzeit keine Privathaushalte, sondern vor allem Branchen wie die Stahl-, Glas- und Papierindustrie, die mit fossilen Brennstoffen wie Kohle und Erdgas sehr hohe Temperaturen erzeugen. Mehrere Projekte in diesen Branchen zeigen, dass eine Umstellung auf Wasserstoff möglich ist. Teils sind dafür allerdings technische Anpassungen an den Maschinen notwendig, beispielsweise breitere Leitungen, weil Wasserstoff ein höheres Volumen aufweist als Erdgas.

Blick in das Innere eines Stahlwerkes mit brennendem Hochofen
Energieintensive Branchen wie die Stahlindustrie, in denen bislang Erdgas oder Kohle zum Erzeugen hoher Temperaturen genutzt werden, gelten als besonders interessantes Einsatzfeld für grünen Wasserstoff.

Wie viel grünen Wasserstoff brauchen wir in Deutschland?

Den künftigen Bedarf an Wasserstoff abzuschätzen gehört zu den Aufgaben des Nationalen Wasserstoffrats (NWR), den die Bundesregierung 2020 einberufen hat. Im Februar 2023 hat der NWR seine frühere Prognose von 44 Terawattstunden (TWh) deutlich erhöht: Nun geht er für 2030 von einem Bedarf von 53 bis 90 TWh aus. Bis zum Jahr 2050 soll der Bedarf auf 964 bis 1364 TWh steigen. Der überwiegende Teil davon entfällt auf die Stahlindustrie und den Schwerlastverkehr.

Lässt sich die Produktion von grünem Wasserstoff steigern?

Weltweit prüfen Forscher, wie die Effizienz bei der Herstellung von grünem Wasserstoff gesteigert werden kann. So versuchen beispielsweise das kanadische Wasserstoff-Start-up Sunfire und das Forschungsinstitut Fraunhofer für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung, sogenannte AEM-Elektrolyseure für den Einsatz im Industriebereich fit zu machen. Diese können den Wasserstoff besonders effizient abspalten, weisen aber bislang nur niedrige Leistungen im einstelligen Kilowattbereich auf.

Das australische Start-up Hysata hat einen Elektrolyseur entwickelt, der weniger Energie und Wasser für die Erzeugung von Wasserstoff benötigt.

Kann Deutschland in Zukunft grünen Wasserstoff in ausreichendem Maße selbst produzieren?

Auch mit effizienterer Technik wird Deutschland nach Ansicht der Bundesregierung nicht die Menge an CO2-freiem Wasserstoff produzieren können, die benötigt wird. Bis 2030 will die Bundesregierung Elektrolysekapazitäten mit einer Leistung von mindestens zehn Gigawatt aufbauen. 2022 lag die tatsächliche Leistung aller deutschen Elektrolyseure jedoch erst bei 0,08 Gigawatt. Wenn alle derzeit geplanten Projekte umgesetzt werden, würde die Leistung bis 2030 bei 4,2 Gigawatt liegen.

Agrarlandschaft mit PV-Anlage im Vorder- und Windrädern im Hintergrund
Insbesondere Photovoltaik und Windenergie werden zukünftig für die Produktion von grünem Wasserstoff zum Einsatz kommen. Die Bundesregierung setzt neben der Produktion vor Ort auch auf Importe aus anderen Ländern.

Woher soll der fehlende Wasserstoff kommen?

Die Bundesregierung setzt vor allem auf den Import aus Ländern, die besonders gute Voraussetzungen für die Produktion von Wind- und Solarstrom – und somit auch für die Produktion von grünem Wasserstoff – aufweisen. Erste Kooperationsvereinbarungen und Machbarkeitsstudien bestehen mit Südafrika, Namibia, Kanada und Australien. Aber auch Norwegen und Spanien gelten als mögliche Zulieferländer.

Wie kann grüner Wasserstoff nach Deutschland importiert werden?

Aus dem außereuropäischen Ausland ist nur der Transport per Schiff möglich. Dafür muss der Wasserstoff zunächst verflüssigt werden oder in ein Trägermedium wie Ammoniak oder Methanol umgewandelt werden. Soll der Wasserstoff vollständig grün sein, muss für die Umwandlung und den Transport ebenfalls CO2-neutral produzierte Energie eingesetzt werden.

 

Importe aus europäischen oder nordafrikanischen Staaten sollen durch Pipelines fließen. Teils sollen dafür neue Wasserstoff-Pipelines gebaut werden, etwa die H2Med, die von Spanien über Frankreich nach Deutschland führen soll. Aber auch bestehende Gasleitungen sollen künftig für den Wasserstofftransport verwendet werden.

Kann Wasserstoff problemlos durch Gasleitungen transportiert werden?

Die Nutzung der bestehenden Gasinfrastruktur für den Transport von Wasserstoff ist grundsätzlich möglich, erfordert aber technische Anpassungen. Wie genau die möglichst effiziente und ressourcenschonende Umrüstung des Systems aussehen muss, wird derzeit deutschlandweit in verschiedenen Projekten erforscht und erprobt. Der Fokus dabei liegt auf der Beimischung von Wasserstoff zum Erdgas: Bis zu zehn Prozent Wasserstoffanteil sind derzeit zulässig. In mehreren Tests wurde dieser Anteil bereits erfolgreich erhöht, mitunter auf bis zu 100 Prozent. Eine Studie des Projekts Ready4H2, das von 13 Verteilnetzbetreibern initiiert wurde, kam 2021 zu dem Ergebnis, dass 96 Prozent der Erdgasleitungen in 16 europäischen Ländern für den Transport von Wasserstoff geeignet sind.

Wo kann der Wasserstoff gelagert werden?

Weil das Aufkommen von Wind- und Solarenergie variiert, wird auch die Produktion von grünem Wasserstoff schwanken. Speicher sind darum eine entscheidende Voraussetzung dafür, ihn flächendeckend einzusetzen. Nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums werden bis 2045 darum Wasserstoffspeicher mit einer Kapazität von 72 bis 74 Terawattstunden benötigt. Dafür könnten derzeitige Erdgasspeicher genutzt werden, die langfristig nicht mehr für Erdgas gebraucht werden. Nach einer Studie der „Initiative Energien Speichern“ werden bis 2045 aber lediglich Speicher in Höhe von 32 Terawattstunden zur Verfügung stehen. Darum sollen künftig auch neue Speicher für Wasserstoff eingerichtet werden. Der Fokus liegt dabei auf sogenannten Kavernenspeichern – Hohlräumen, die in unterirdischen Salzstöcken angelegt werden. Eine der ersten Testkavernen bestand 2023 im ostfriesischen Etzel einen Dichtigkeitstest.

12. Juni 2023
Erneuerbare Energien
Klimaschutz
Ökostrom

Text: Claus Hornung. Fotos: Getty Images, C3.

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