Dieses Bild zeigt ein grünes Blatt, auf dem mehrere Wassertropfen zu sehen sind.
Trinkwassergewinnung

Wasserwerk Wald

Etwa 127 Liter Trinkwasser verbraucht jeder Deutsche im Schnitt pro Tag. Keine Frage: Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel – wir brauchen es zum Leben genauso dringend wie die Luft zum Atmen. Doch wo kommt unser Trinkwasser eigentlich her? Und was hat der Wald damit zu tun?

Hätten Sie’s gewusst? Trinkwasser wird in Deutschland ausschließlich in speziellen Wassergewinnungsgebieten gewonnen. 13 Prozent der Fläche Deutschlands sind als solche Gebiete ausgewiesen. 70 Prozent davon wiederum liegen im Wald – Experten zufolge handelt es sich um insgesamt 2,1 Millionen Hektar. Das ist aus gutem Grund so: Im Wald ist die Wasserqualität besser als anderswo. Das hat vor allem zwei Ursachen. Zum einen sorgen Pilze und im Waldboden enthaltene Mikroorganismen dafür, dass das Grundwasser aus dem Wald auf natürliche Weise gefiltert und somit nahezu schadstofffrei ist. Zum anderen werden Waldflächen, anders als landwirtschaftlich genutzte Flächen, nicht gedüngt oder mit Pflanzenschutzmitteln bearbeitet, deren Rückstände sich später im Trinkwasser wiederfinden könnten. Darum ist das Grundwasser unter einem Wald besonders sauber. So sind zum Beispiel die Nitratwerte von im Wald gewonnenem Wasser sehr niedrig: Wasser aus Wäldern enthält meist nur zwischen 5 und 20 Milligramm Nitrat pro Liter – ein Wert weit unter dem hierzulande geltenden Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter. Wasser aus landwirtschaftlich genutzten Regionen kommt hingegen mitunter auf über 100 Milligramm pro Liter. Noch mehr Wissenswertes zum Thema Trinkwasser finden Sie in diesem Artikel.

Dieses Bild zeigt einen Abschnitt des enercity-Waldes im Fuhrberger Feld.
Naturidyll und „Wasserwerk“: der enercity-Wald im Fuhrberger Feld.

Das einzige Manko des Waldes als Wassergewinnungsgebiet besteht darin, dass er weniger neues Trinkwasser als sogenanntes Offenland liefert. Das gilt insbesondere für immergrüne Wälder, denn Fichten, Kiefern oder Tannen halten etwa 50 Prozent des Niederschlags an ihren Zweigen und Nadeln zurück, wodurch große Mengen des Regenwassers den Waldboden nie erreichen. An dieser Stelle kann allerdings gegengesteuert werden – und zwar indem Laubbäume unterpflanzt werden. Laub abwerfende Bäume wie beispielsweise Buchen, Eichen oder auch Lärchen lassen deutlich mehr Wasser auf den Boden gelangen als Nadelbäume. Ein weiterer Vorteil von Laub- und Mischwäldern besteht darin, dass ihre Böden vergleichsweise viel Humus aufweisen: Lockeres, organisches Material, in dem Niederschläge schnell versickern, bevor sie abfließen können. Verständlich also, dass in Wald-Wasserschutzgebieten im gesamten Bundesgebiet schon seit vielen Jahrzehnten die Unterpflanzung von Nadelwäldern mit Laubbäumen propagiert wird.

Noch dominiert die Kiefer

Bisher unternehmen allerdings nur wenige Wasserversorger solche größeren Anstrengungen, etwa in Nürnberg und München. In Niedersachsen hat enercity die Vorreiterrolle übernommen: Im nördlich von Hannover gelegenen Wasserschutzgebiet Fuhrberger Feld, dem mit 30.400 Hektar größten zusammenhängenden Wasserschutzgebiet Norddeutschlands, baut das Unternehmen den Nadelwald schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert Stück für Stück zum Wasserwald um. Schließlich werden im enercity-Wassergewinnungsgebiet Fuhrberger Feld – in den enercity-Wasserwerken Fuhrberg und Elze-Berkhof – fast 90 Prozent des hannoverschen Trinkwassers gewonnen. Insgesamt versorgt das Gebiet 700.000 Menschen in Hannover und der Region mit hochwertigem Trinkwasser. Bei 45 Prozent des Areals handelt es sich um Waldfläche, 2000 Hektar dieses Waldes gehören enercity. Damit ist der Energiedienstleister einer der großen privaten Waldbesitzer Niedersachsens.

Dieses Schaubild zeigt die drei Schichten der Böden von Kiefernwäldern und Laubmischwäldern im Vergleich.
Die Böden von Laubmischwäldern lassen im Vergleich zu reinen Kiefernwäldern mehr Wasser durch: ein Vorteil für die Umwelt.

Bereits seit Mitte der 90er-Jahre wird der enercity-Wald, in dem derzeit noch die Kiefer dominiert, alljährlich mit rund 650.000 Laubbäumen unterpflanzt. Mehr als 16 Millionen Laubbäume hat enercity in den vergangenen 25 Jahren bereits gepflanzt. Ebenso lange verantwortet enercity-Förster Olaf Zander den erfolgreichen Umbau des enercity-Waldes hin zum „Grundwasserschutzwald“. Dabei setzen Zander und sein Team auf ganz bestimmte Baumarten: „Hauptsächlich werden Buchen, Rot- und Stieleichen sowie Ahorn gepflanzt. Sie dienen dem Erhalt der Qualität und Quantität des Grundwassers im Fuhrberger Feld am besten“, erklärt Zander. „Mit der gleichzeitigen Einmischung von rund 20 Prozent Nadelbäumen, hauptsächlich Lärche und Kiefer, aber auch Douglasien und Tannen, wird die Stabilität des Waldes im Klimawandel erhöht und die CO2-Speicherung verbessert.“

Wald-Geschichte

Bis ins Mittelalter hinein waren die Wälder im Norden Hannovers Urwälder, natürlich entstandene Mischwälder. Diese holzten die Menschen jedoch für die Köhlerei, zum Bauen und für Heizmaterial zunehmend ab. Auf den freigelegten Böden verschwand der nährstoffhaltige Humus durch Erosion sowie durch den Abtrag von Heide- und Waldböden für die Plaggenwirtschaft, bei der die Bodenschichten zunächst im Stall als Einstreu genutzt und anschließend mit tierischen Ausscheidungen angereichert auf den Feldern als Dünger ausgebracht wurden. Dieser sich entwickelnden ökologischen und ökonomischen Katastrophe im 17. und 18. Jahrhundert begegnete die Forstwirtschaft mit der Entwicklung des Nachhaltigkeitsprinzips und seiner flächendeckenden Einführung bis 1850. Dabei war die Kiefer als genügsame Pionierbaumart unschlagbar. Noch heute prägt sie daher vielerorts die Landschaft. Nach nun zwei oder drei Kiefernwaldgenerationen hat sie auf vielen Flächen wieder ausreichend Humus gebildet und damit weiteren Baumarten den Boden bereitet.

Dass sich der Wald im Fuhrberger Feld wandeln darf, verdankt er zu einem nicht unwesentlichen Teil einer im Jahr 1990 vereinbarten Kooperation. In ihr arbeiten zahlreiche Waldbesitzer, Land- und Forstwirte sowie enercity im Sinne der nachhaltigen Qualitätsverbesserung des Grundwassers erfolgreich zusammen. Die Interessen der einzelnen Parteien sind nämlich nicht von Haus aus dieselben, erklärt Zander: „Eigentlich sind Kiefer, Fichte und Douglasie die Brotbäume der Forstbetriebe, während die Wasserwirtschaft aus den oben ausgeführten Gründen möglichst viel Laubwald fordert. Im Rahmen der Kooperation erhalten die Waldbesitzer daher einen Ausgleich für ihre Ertragsausfälle.“ Gemeinsam haben es die Kooperationspartner in den vergangenen 25 Jahren geschafft, 95 Prozent der potenziellen Flächen im enercity-Wald, 50 Prozent im Privatwald und auch einigen Nadelholzbeständen im Landeswald durch Unterpflanzung die Grundlage für die Mischwaldentwicklung zu geben.

Dieses Bild zeigt einen Mann, der Holz in einen brennenden Kaminofen legt.
Holz aus regionalem Anbau zählt zu den nachhaltigeren Heizarten, da beim Verbrennen nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie der Baum im Laufe seines Lebens auch gebunden hat.

Nachwachsender Rohstoff Holz

Aber nicht nur die Waldbesitzer nutzen ihre Wälder für die Holzwirtschaft. Auch der enercity-Wald wird als Produktionsstätte für den nachwachsenden Rohstoff Holz genutzt. Dabei legt enercity größten Wert auf Nachhaltigkeit: „Es wird stets nur so viel Holz entnommen, wie auch nachwächst“, erklärt Olaf Zander das Prinzip. Zudem werde überaus sorgsam ausgewählt, welche der Bäume wann gefällt werden. Zander: „Während 5000 bis 10.000 Jungpflanzen einen Wald bilden, sind es im hohen Alter nur noch 50 bis 200 Bäume, die den Waldboden überkronen. Wir haben stets den am Ende gewünschten ungleichaltrigen, mehrschichtigen Mischwald als Ziel im Blick, wenn wir den Wald bearbeiten. Der Förster ist gewissermaßen der ,Architekt des Waldes’, und wie bei den Dombaumeistern ist ein solches Jahrhundertprojekt nur in mehreren Generationen zu erreichen.“

Für Olaf Zander und seine Mitarbeiter ist es selbstverständlich, dabei auch immer die tierischen Waldbewohner im Blick zu haben: „Bäume mit Spechthöhlen oder sonstigen Habitaten werden besonders markiert und bleiben erhalten.“

Einmal ausgewählt, werden die Bäume dann von den enercity-Forstwirten oder mit einer Holzerntemaschine – einem sogenannten Harvester – gefällt. Das gefällte Holz wird als Palettenholz, als Schnittholz für Dachstühle, als Industrieholz für Zellstoff oder als klimaneutraler Brennstoff verwendet: Energie direkt aus der Natur.

13. Oktober 2020
Klimaschutz
Trinkwasser
Hannover

Text: Redaktion #positiveenergie. Fotos: Shutterstock, enercity AG, Getty Images.

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