Mehrere Windkraftanlagen ragen in einer Reihe aus dem Meer hinaus.
Dänemark

Diese Inseln versorgen Europa künftig mit grünem Windstrom

Dänemark hat mit der Errichtung von zwei Energieinseln begonnen. Sie sollen als Energie-Verteilstationen dienen und die Weiterleitung von Strom, der in Offshore-Windparks erzeugt worden ist, auf das europäische Festland vereinfachen. Auch Deutschland und Belgien planen ähnliche Projekte.

In Sachen Energiewende lohnt sich ein Blick nach Dänemark: Das skandinavische Königreich hat die Weichen für seine „grønne omstilling“ – zu Deutsch: „grüne Umstellung“ – bereits in den 1980er-Jahren gestellt. Das zahlt sich jetzt aus: Im Jahr 2021 lag der Anteil der erneuerbaren Energien an der dänischen Nettostromerzeugung schon bei rund 68,6 Prozent – also mehr als 20 Prozent höher als in Deutschland. Neben Biomasse und Solarenergie setzt man in Dänemark dabei vor allem auf Windstrom, der sowohl an Land als auch auf See produziert wird. Mit zwei neuen Großprojekten in Nord- und Ostsee wollen sich die Dänen künftig nahezu vollständig von fossilen Energieträgern unabhängig machen.

Megaprojekt „Bornholm Energy Island“

Im Rahmen des Projekts „Bornholm Energy Island“ entsteht für rund neun Milliarden Euro vor der Ferieninsel Bornholm derzeit nicht nur ein riesiger Offshore-Windpark, der ab 2030 jährlich zwei Gigawatt Leistung liefern soll. Auf der Ostseeinsel selbst hat zudem die Errichtung eines Energiezentrums begonnen, das den vor Bornholm produzierten Windstrom sammeln und mittels eines 470 Kilometer langen Seekabels zum dänischen Festland sowie nach Deutschland weiterleiten soll. Ein entsprechender Vertrag wurde im vergangenen Jahr vom dänischen Netzbetreiber Energinet und dem deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz unterzeichnet.

Rendering der in der Nordsee geplanten Energieinsel
Die in der Nordsee geplante Energieinsel soll technische Anlagen beherbergen, die die Weiterleitung von in angrenzenden Meereswindparks produziertem Strom zum dänischen Festland ermöglichen.

Eine künstliche Insel – so groß wie 18 Fußballfelder

Außerdem soll in der Nordsee, 80 Kilometer vor der Küste der Halbinsel Jütland, bis 2033 eine künstliche Energieinsel von etwa zwölf Hektar Größe entstehen – das entspricht in etwa 18 Fußballfeldern. Auch diese Energieinsel soll technische Anlagen beherbergen, die die Weiterleitung von in angrenzenden Meereswindparks produziertem Strom zum dänischen Festland ermöglichen. Der Windstrom soll zudem in einige nordeuropäische Nachbarländer weitergeleitet werden, darunter auch Deutschland. Die Energieinsel soll dabei – genau wie das auf Bornholm geplante Energiezentrum – als eine Art Energie-Drehkreuz oder „Offshore-Kraftwerk“ dienen, auf dem der Strom aus Hunderten umliegenden Windturbinen zusammenfließt und verteilt wird.

Darüber hinaus werden auf der künstlichen Energieinsel in der Nordsee Power-to-X-Anlagen zur Gewinnung von „grünen“ Treibstoffen durch Elektrolyse errichtet, um damit überschüssigen Windstrom beispielsweise in grünen Wasserstoff umzuwandeln. Dazu wird Meerwasser entsalzt und mithilfe von Windstrom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff ließe sich dann sowohl per Schiff als auch über eine Pipeline nach Europa transportieren. Mehr dazu, wie grüner Wasserstoff erzeugt wird, lesen Sie im Artikel „Wie funktioniert die Erzeugung von Wasserstoff?“ .
 

10
Millionen
Haushalte in Europa könnten in Zukunft mit dem auf der künstlichen Insel in der Nordsee gespeicherten Windstrom versorgt werden.

Ausreichend Strom für zehn Millionen Haushalte in Europa

Zunächst sollen die Kapazitäten der Anlagen auf der aufgeschütteten Nordseeinsel ausreichen, um drei Gigawatt Leistung pro Jahr zu speichern und ans Festland weiterzuleiten – genügend Strom für sämtliche der drei Millionen dänischen Haushalte. Geplant ist jedoch schon jetzt, die Leistung der Energieinsel als Stromverteiler langfristig auf zehn Gigawatt auszubauen. Dadurch könnten insgesamt circa zehn Millionen Haushalte in Europa mit Strom versorgt werden.

Allein für den Bau der künstlichen Nordseeinsel sind Kosten von insgesamt rund 252 Milliarden Kronen (umgerechnet etwa 34 Milliarden Euro) kalkuliert worden. Die Investitionen und die künftigen Gewinne für das Projekt wollen sich Dänemark und Deutschland teilen. Weitere Anrainerstaaten sollen, sobald die Energieinsel und die neu errichteten Windparks am Netz sind, zum Projekt dazustoßen können.

Deutsche und belgische Energieinseln geplant

Auch in Deutschland und Belgien gibt es Pläne für künstliche Energieinseln in der Nordsee: So plant das deutsch-niederländische Unternehmen Tennet, 130 Kilometer vor Sylt eine Energieinsel zu errichten, die gemeinsam mit der neuen dänischen Energieinsel in der Nordsee einen Energiehub bilden soll. Ende 2022 gab der belgische Netzbetreiber Elia zudem bekannt, dass er 45 Kilometer vor Belgiens Küste eine Energieinsel aufschütten wird, die „Prinzessin-Elisabeth-Insel“ heißen soll. Von ihr aus sollen künftig 3,5 Gigawatt Leistung aus dem benachbarten, gleichnamigen Windpark via Seekabel nach Belgien, England, Dänemark und in andere europäische Länder fließen.

Fest steht schon jetzt: Jedes der vier Projekte wird die Europäische Union ihrem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, ein weiteres Stück näher bringen. Schließlich sind erneuerbare Energien der Schlüssel zur Klimaneutralität – und Onshore- und Offshore-Windkraft sind neben Photovoltaik  zwei tragende Säulen der Energiewende.
 

2. Februar 2023
Erneuerbare Energien
Klimaschutz
Ökostrom

Text: Elena Rudolph. Foto: Getty Images. Grafik: Gottlieb Paludan Architects.

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