Biomasse Heizkraftwerk Stöcken
Erneuerbare Energien

So wichtig ist Biomasse für die Energiewende

Kraft aus Pflanzen: Biomasse ist schon heute ein unverzichtbarer Baustein der Energiewende. Sie kann in Wärme, Strom und Kraftstoff umgewandelt werden – und hat das Potenzial, zum entscheidenden Wegbereiter für Wind- und Solarkraft zu werden.

Die Energiewende kann manchmal merkwürdige Formen annehmen – etwa die von meterhohen Behältnissen mit kugelförmigen Dächern, die sich oft in der Nähe von Bauernhöfen oder Feldern finden. Ihre Bewohner: Billiarden von Mikroben. Sie zerkleinern hier Tonnen von gehäckselten Pflanzenresten und verstoffwechseln sie. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag für die Energiewende, denn das Endprodukt, das so entsteht, ist Biogas.

Biomasse ist der größte erneuerbare Energieträger

Wenn die Rede auf „erneuerbare Energien“ kommt, denken die meisten Menschen an Photovoltaik oder Windkraft, vielleicht noch an Wasserkraft. Tatsächlich aber ist Biomasse der „hidden champion“ der Energiewende – zumindest, wenn man die Energieerzeugung aus nicht fossilen Energieträgern insgesamt betrachtet: Dann lag der Anteil der Biomasse nach Angaben des Umweltbundesamts im Jahr 2024 bei 43 Prozent, Strom- und Wärmeerzeugung zusammengenommen. Nimmt man darüber hinaus die Biokraftstoffe im Verkehrssektor hinzu, klettert der Anteil der Biomasse an der Energieerzeugung sogar auf 47 Prozent.

Das Bild zeigt das Innere eines Brennstoffsilos des Biomasseheizkraftwerks von enercity in Hannover Stöcken
Blick in eines der vier Brennstoffsilos des hochmodernen Biomasse-Heizkraftwerks von enercity in Hannover-Stöcken. In ihnen lagern in Summe 5000 Tonnen Altholz auf Vorrat.

Betrachtet man die einzelnen Sektoren separat, zeigt sich: Im Wärmebereich leistet Biomasse seit Jahren den größten Beitrag zur Erzeugung nicht fossiler Energie in Deutschland – 2024 lag ihr Anteil bei rund 81 Prozent. Bei der klimafreundlichen Stromerzeugung liegt die Biomasse mit 17 Prozent auf Rang drei hinter Windenergie (49 Prozent) und Solarenergie (26 Prozent). Insgesamt 48,6 Terawattstunden (TWh) Strom wurden im Jahr 2024 aus fester, flüssiger und gasförmiger Biomasse erzeugt.

Biomasse ist ein besonders vielseitiger Energieträger

Biomasse kann aus praktisch allen pflanzlichen und tierischen Stoffen gewonnen werden, von Altholz über Stroh, Gras und Mais oder Pflanzenölen bis hin zu Gülle oder Fischresten. Die wichtigsten Erzeuger sind daher Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei. Ebenso vielfältig sind die Möglichkeiten, wie Biomasse als Energieträger genutzt werden kann:

 

  • Feste Biomasse wird meist thermisch verwertet. Das ist – anders als das Verbrennen von fossilen Brennstoffen – ein klimafreundlicher Prozess. Denn es entsteht nur so viel Kohlendioxid, wie die Pflanzen während ihres Wachstums aufgenommen haben. Die thermische Verwertung von fester Biomasse ist immer dann sinnvoll, wenn sie nicht mehr für andere Zwecke genutzt oder recycelt werden kann. Rund 80 Prozent der in Deutschland energetisch genutzten Biomasse werden thermisch verwertet, das gilt insbesondere für Altholz. Entweder, um direkt Wärme zu produzieren oder um durch Kraft-Wärme-Kopplung gleichzeitig Wärme und Strom zu erzeugen. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel „Wie funktioniert Kraft-Wärme-Kopplung?“.

     

  • Durch biochemische Prozesse kann Biomasse auch in flüssige Form umgewandelt und als Treibstoff genutzt werden, beispielsweise als Bestandteil von Benzin, das man an Tankstellen unter dem Namen E10 oder E85 tanken kann. Bei Diesel gibt es neben den Mischungen B7 und B10 mit B100 sogar eine Variante, die zu 100 Prozent aus Biomasse besteht.

     

  • Biomasse kann aber auch in Biomethan umgewandelt werden – durch den eingangs beschriebenen Prozess, in dem Mikroben die Masse zersetzen. Das daraus entstehende Rohbiogas wird dann weiter veredelt zu Biomethan, das ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Aus einem Hektar nachwachsender Rohstoffe können bis zu 6000 Kubikmeter Biomethan gewonnen werden. Damit können fünf Haushalte ein Jahr lang mit Wärme versorgt werden. Übrigens unterscheidet sich das so produzierte Gas chemisch nicht von Erdgas. Darum kann es bereits heute ins Erdgasnetz eingespeist und auf gleiche Art und Weise genutzt werden. Etwa für industrielle Prozesse, als Kraftstoff für gasbetriebene Fahrzeuge – oder um Turbinen in Blockheizkraftwerken anzutreiben, die Strom und Wärme erzeugen können. Niklas Wehbring, Abteilungsleiter für das Strategische Assetmanagement von enercity, erklärt im Interview die Rolle des 2024 in Betrieb gegangenen Biomethan-Blockheizkraftwerks für das Ziel des Unternehmens, bis 2040 vollständig klimaneutral zu werden.

Weitere Infos zum Thema grüne Fernwärme finden Sie in unserem Ratgeber.

Biomasse ist auch für enercity ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum Ausstieg aus fossilen Energien. 2024 betrieb der Energieversorger aus Hannover mit seinen Beteiligungsunternehmen insgesamt 94 Biomasseanlagen. Darunter fallen auch mehrere große Ersatzbrennstoff-, Klärschlamm und Altholzkraftwerke sowie bundesweit rund 40 Biogasanlagen, von denen zehn mit Aufbereitungsanlagen versehen sind, die Biomethan ins Erdgasnetz einspeisen. 

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Biomasse ist eine wichtige Stütze für PV und Windkraft

Biomasse steht aber nicht nur als ein weiterer erneuerbarer Energieträger neben Solar- und Windkraft, sondern ist ein elementarer Baustein, damit diese sich dauerhaft durchsetzen können. Denn in Biomethan lässt sich Energie über lange Zeit speichern – um genau dann genutzt zu werden, wenn es Bedarf an Wärme oder Strom gibt. Damit kann Biogas eine der größten Herausforderungen von Wind und Sonne ausgleichen: die wetterbedingt schwankenden Produktionsmengen, die nicht nur eine konstante Stromversorgung erschweren, sondern auch die Stabilität des öffentlichen Stromnetzes an ihre Grenzen bringen.

Schadet Biomasse der Ökologie?

Biomasse wird nicht nur aus Resten erzeugt, sondern auch aus Nutzpflanzen, insbesondere Mais. Das führt immer wieder zu Kritik. Der Vorwurf: Die verwendeten Flächen sollten lieber zur Erzeugung von Lebensmitteln verwendet werden. Ein gängiger Slogan in diesem Zusammenhang lautet: „Tank oder Teller?“ Teilweise geht es auch um die Verdrängung von Ökosystemen. Fakt ist: Die Bundesregierung hat bereits 2012 mit einer Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Verwendung von Mais begrenzt, seit der EEG-Novelle von 2014 wird fast nur noch die Verwertung von Reststoffen gefördert. Gleichzeitig wurden Projekte initiiert, um Pflanzenkulturen zu fördern, die gleichzeitig auch als Nahrungsangebot für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge oder andere Insekten dienen – und somit die Biodiversität und das Landschaftsbild bereichern.

Nur 1
Drittel
der Rohstoffe, die technisch und wirtschaftlich sinnvoll als Biomasse genutzt werden könnten, werden derzeit bereits zu Biogas vergärt.

2022 hat das Bundeslandwirtschaftsministerium zudem eine Richtlinie erlassen, die die emissionsfreie Vergärung von „Wirtschaftsdüngern“ fördern soll – also insbesondere die Umwandlung von Gülle oder Mist in Biogas. Damit könnte ein gewaltiges Potenzial gehoben werden: Expert:innen schätzen, dass erst ein Drittel der Rohstoffe verwendet wird, die technisch und wirtschaftlich sinnvoll als Biomasse genutzt werden könnten.

Die Zukunft: Fokus auf Resteverwertung

Eine neue EEG-Novelle, die Anfang 2025 in Kraft getreten ist, hat das Ziel, diese Entwicklung weiter voranzutreiben. Das sogenannte „Biomassepaket“ sieht vor, dass insbesondere Anlagen gefördert werden sollen, die Rest- und Abfallstoffe verwenden – und solche, die in der Lage sind, Strom flexibel ins Stromnetz einzuspeisen, um Netzstabilität und die Energieversorgung langfristig zu stärken. Denn wenn Förderungen für bestehende Anlagen im großen Stil auslaufen sollten, könnte das den Weiterbetrieb und Ausbau bereits bestehender Kapazitäten gefährden.

Derzeit befindet sich das Gesetzespaket im Genehmigungsverfahren bei der Europäischen Kommission. Branchenvertreter wie der Fachverband Biogas setzen sich für eine schnelle Genehmigung ein, damit Anlagenbetreiber nicht mangels Förderung vom Netz gehen müssen – was der Energiewende schaden würde. Im Gegenteil könne das Potenzial von Biomasse als flexibles grünes „Back-up“ der Energiewende sogar noch deutlich stärker genutzt werden – sowohl für die Gewinnung erneuerbaren Stroms als auch für die Gewinnung erneuerbarer Wärme.

„Zusammen mit unserer Tochtergesellschaft danpower begrüßen wir das von der Bundesregierung verabschiedete Biomassepaket ausdrücklich und sehen dessen Inkrafttreten als wichtigen Schritt“, sagt enercity-CEO Aurélie Alemany. „Biomasse leistet einen zentralen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung der Energie- und Wärmewende. Deswegen werden wir uns auch künftig engagiert für die Weiterentwicklung der Biomasseförderung einsetzen.“

Fernwärme für alle

Ob Mieter:innen, Vermieter:innen oder Eigentümer:innen – mit enercity können alle von klimafreundlicher Fernwärme profitieren.

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14. August 2025
Erneuerbare Energien
Ökostrom
Grüne Wärme

Text: Claus Hornung. Fotos: enercity/Tim Schaarschmidt, Getty Images, Shutterstock.

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